Pinker Holunderblütenduft II

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Wobei wir direkt beim zweiten Fauxpas wären: kann ein Duft pinkfarben sein (außer in Comics und Animationsfilmen)? Eher nicht. Gemeint sind die rosafarbenen Blüten des Holunderstrauchs. Aber die wunderbare Eigenschaft der deutschen Sprache, beinah beliebige Wörter kombinieren zu können (mit immer wieder neuen Herausforderungen zu Getrennt-Zusammenschreibung), führt mitunter auch dazu, dass Begriffe in falsche Beziehung gesetzt werden.

Die Regel: Inhaltlich beschreibt ein vorangestelltes Adjektiv bei einem zusammengesetzten Wort immer dessen letzten Teil (genauso wie dieser übrigens das Geschlecht des Gesamtwortes bestimmt): die ergonomische Computertastatur, das dreilagige Toilettenpapier. Das leuchtet an vielen Stellen ein und niemand würde von beißenden Hundebesitzern oder einer klingelnden Telefonschnur sprechen.

Aber wie immer im Leben gibt es nicht nur Schwarz-Weiß: beim sauren Apfelkuchen könnte die Eigenschaft der Äpfel auf den ganzen Kuchen eingewirkt haben, eine kaputte Telefonzelle könnte nicht nur einen defekten Apparat, sondern auch eine eingeschlagene Tür haben. Auch sind wir recht tolerant und wissen aus Erfahrung, dass die grüne Pfeffersoße auf der Speisekarte eine helle Soße mit grünen Pfefferkörnern ist (und wären wohl sehr irritiert, wenn uns tatsächlich eine scharfe grüne Soße serviert würde). Auch bei abstrakten Begriffen, die es schwer machen, im Gehirn ein Bild zu erzeugen, merken wir den falschen Bezug oft gar nicht: atlantische Tiefausläufer schaffen es immer mal wieder in die Wettervorhersage.

Der Verzicht auf den vermeintlich gespreizten Genitiv führt zu inhaltlichen Ungenauigkeiten, die im besten Fall unfreiwillig komisch, aber oft ärgerlich und unnötig sind. Wäre es tatsächlich so schlimm, auf das Duschgel zu schreiben: mit Rosenwasser und dem Duft pinkfarbener Holunderblüten?*

*Wobei das jetzt eine Interpretation meinerseits ist – es könnte auch nur der Duft von Rosenwasser sein – ebenfalls ein Fall von Sprachverschleierung.

Pinker Holunderblütenduft?!

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Manchmal glaube ich, dass Werbetexter die natürlichen Feinde der Sprachliebhaber sind (dicht gefolgt von Bürokraten, Juristen und Verwaltungsbeamten). Aber in zwei Worten gleich zwei Regeln nicht zu beachten, ist schon fast wieder eine Kunst!
Und gibt mir die Möglichkeit, gleich zwei Blogbeiträge (hier geht’s zum zweiten) zu schreiben, denn jede Regel für sich ist definitiv einen Post wert.

Beginnen wir mit dem ersten Wort. Tatsächlich kann man im Deutschen nur die Grundfarben sowie schwarz, weiß und grau beugen (=deklinieren): das rote Haus, den blauen Himmel, in dem grünen Wald. Alle anderen Farbzwischentöne (deren Namen häufig von Substantiven abgeleitet sind) werden beim Wandern durch die Fälle grammatikalisch korrekt nicht verändert: die rosa Wolke, der anthrazit Pullover, die pink Blüte.

Okay, gerade die beiden letzten klingen einfach falsch in den Ohren – deshalb darf und sollte man sich mit einem „Wordaround“ helfen: der beigefarbene Teller, die fliederfarbene Tischdecke. Das Anhängen von -ne (lilane) oder -e (orange) mag verlockend sein, ist aber falsch. Auch, wenn sich rosane Leggins in der Alltagssprache fest etabliert haben, sollte man im geschriebenen Wort darauf verzichten. Ebenso auf den pinken Duft.

(Wen es interessiert: Das Wort pink geht übrigens auf das englische Wort für Nelke zurück. Und noch mehr Beispiele für Farbbezeichnungen hat der wunderbare Kollege Bastian Sick schon 2014 in seiner Zwiebelfisch-Kolumne gesammelt.)

Hätte, hätte…

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2020 wird als Jahr des Konjunktivs in die Geschichte eingehen. Nun, würde es vielleicht, wenn es Covid-19 nicht gegeben hätte. Aber dann wäre es auch kein Jahr der Konjunktive geworden. Womit wir schon mitten beim Thema wären: Spätestens jetzt im Mai denke ich bei jedem Blick in den Kalender: Heute hätten wir… Nächste Woche wären wir…

Und da behauptet doch mein Grammatikbuch: „Im Vergleich mit den indikativischen Formen stellen konjunktivische eher die Ausnahme dar.“ (Gut, der Duden ist aus der Vor-Coronazeit – ich möchte behaupten, es war noch nie so viel Hätte, hätte wie heute.)

Dieser so genannte Konjunktiv II drückt „Irrealitäten und Potenzialitäten“ aus und (ich muss einfach nochmal den Duden zitieren) er „dient als Zeichen dafür, dass der Sprecher/Schreiber seine Aussage nicht als Aussage über Wirkliches, über tatsächlich Existierendes verstanden wissen will, sondern als eine gedankliche Konstruktion…“ Mmh. Bis vor acht Wochen waren Eintrittskarten für ein Fußballspiel der Euro 2020 oder das Festival Rock am Ring doch deutlich mehr als eine gedankliche Konstruktion?! Aber nun sind sie nur noch Fiktion, gebunden an den Konditionalsatz „Wenn der Virus nicht wäre, dann könnten wir …“

Hätte, hätte, Fahrradkette… sagt der Volksmund lapidar, um zu beschreiben, dass das Geschehene nun mal nicht zu ändern ist. Aber wenigstens  habe ich jetzt nochmal nachgeschlagen, dass dieser – im Jahr 2020 doch sehr häufig genutzte – Konjunktiv auch Cuniunctivus irrealis oder Coniunctivus potentialis genannt wird.

Und was ist mit dem Konjunktiv I (ich sei, er möge, du habest)? Er wird besonders oft und regelmäßig in der indirekten Rede gebraucht, zum Beispiel in Zeitungsartikeln oder sonstigen Berichten über vergangene Ereignisse. Und außerdem in mathematischen Fachtexten, in Anweisungen und Anleitungen wie zum Beispiel Kochrezepten: „Man nehme 500 g Mehl…“

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