Verschollen

Woher kommt eigentlich der Begriff „verschollen“? So fragten wir uns neulich beim Mittagessen.  Mmh. Klar, es sagt aus, dass jemand oder etwas mit unbekanntem Ziel verschwunden ist. Und es handelt sich um Partizip Perfekt Passiv.
Es hat nichts mit dem platten Fisch zu tun – aber vielleicht mit gefrorenem Wasser? Dass früher Seeleute auf einer Eisscholle davontrieben auf Nimmerwiedersehen? Nicht wirklich überzeugend.

Und wie lautet überhaupt die Grundform, das dazu passende Verb? Nachdenken brachte uns nicht weiter, es musste das etymologische Wörterbuch befragt werden (wahlweise Google, aber manchmal bin ich etwas altmodisch).

Siehe da: das „starke 2. Partizip des ungebräuchlichen Verbs verschallen (vgl. Schall) […] gilt seit Ende des 18. Jh.s als gerichtl. Ausdruck: verschollen ist, von wem man seit langem nichts mehr gehört hat und wer sich auf wiederholte öffentl. Aufforderung nicht meldet.“ Und dann kam mir auch die alte Gedichtzeile von Fontane in den Sinn:      
„Da stopfte, wenn’s Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll…“

Heute wird das Verb schallen in der unvollendeten Vergangenheitsform statt in der starken Form „scholl“ in der schwachen Form „schallte“ gebeugt: „Musik schallte vom Festplatz herüber.“ Da ist der Bezug zu „verschollen“ kaum noch erkennbar. Aber sollte mal wieder mein Geldbeutel verschwunden sein, werde ich ihn mehrfach öffentlich auffordern, sich zu melden, bevor ich ihn als verschollen bezeichne.

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